Meinungsmache: Kunst der Politiker und Werbeagenten – Fake News: Teil ihres Arsenals

Von Gilles Poulet*

Bei näherer Betrachtung sind Fake News nur die letzte amerikanische Erscheinungsform der bewussten Lüge. Das ist nur ein Ausdruck mehr zur Bezeichnung und Zusammenfassung ihrer Ausarbeitung, Formatierung und Verbreitung. Ihr Ziel ist Beherrschung, sei es ideologisch, politisch oder wirtschaftlich. Nicht  mehr und nicht weniger.

Ideologisch: Vom Protokoll der Weisen Zions bis zu den verschwörungstheoretischen Hirngespinsten (Der 11. September 2001 soll das Werk der CIA gewesen sein).
Politisch: Seit langem theoretisch begründet von Machiavelli, aber zweifellos schon bekannt, seit Menschen andere Menschen beherrschen wollen, indem sie sie an der Nase herumführen und in Unwahrheiten verwickeln.

Wirtschaftlich:  Die Theorie des dem Neoliberalismus so teuren  „unüberschreitbaren Horizonts“ mit seinem Mantra der „freien und unverfälschten Konkurrenz“, die eine reine Fiktion ist, ständig von den Fakten dementiert durch den schleichenden Protektionismus ihrer größten Propagandisten. Aber auch die Reklameschwindel, wahrhafte Meisterwerke, die auf die Leichtgläubigkeit des Publikums setzen.

Es handelt sich also darum, der öffentlichen Debatte die eigenen Thesen und Themen aufzuzwingen und parallel zum politischen Kampf den kulturellen Kampf zu führen (manchmal um den Preis der Anpassung an eine fremde Kultur). Die Technik der Herstellung von Zustimmung ist das erste Handwerkzeug der Vertreter der Macht geworden, seien sie Politiker, Industriekapitäne oder einflussreiche Banker. Darum nehmen sie sich das Recht zu überreden und zu suggerieren – mit Elementen einer schwindelerregend hergeleierten Sprache – , wie es ihnen beliebt, und sie sind der Meinung, dass man ihnen dieses Recht nicht streitig macht.

Zu manipulieren gehört zu den vorzüglichsten Begabungen der politischen Welt, die sich aus Erfahrung der Machtlosigkeit reiner Gewalt bewusst ist, wenn es darum geht, die Dinge dauerhaft zu gestalten. Direkte Konfrontationen zu vermeiden, gehört zu der laufend angewandten Strategie. Die bitteren Erfahrungen notwendiger Rückzüge nach gewaltigen Demonstrationen oder blutigen Aufständen haben die Politiker, zumindest die der Demokratien, vorsichtig gemacht. Inzwischen verlegen sie sich auf die Manipulation und auf die Lüge und suchen die unbemerkt erzwungene Zustimmung. Es ist ein wenig die Kunst des Taschenspielertricks mit den drei verdeckten Karten, angewandt auf die öffentliche Meinung. Ein Beispiel gefällig? Nehmen wir zum Beispiel als ein Spiel mit verdeckten Karten den Trick, der darin besteht – Neoliberalismus verpflichtet – leistungsberechtigte Arbeitslose durch arme Arbeiter zu ersetzen. Es handelte sich darum – wie sollte man es anders sagen? – die angeblich natürliche Faulheit der Arbeitslosen zu bekämpfen: „Besser ein armer Arbeiter, der fast nichts kostet, als ein unterstützter Nichtstuer“. Dramatisch darin ist, dass diese Rhetorik praktisch auf keinen Widerstand stößt und die besonders aggressiven Politiker darin eine Art Rechtfertigung finden.

Für diese „Eliten“ ist die Masse unfähig, die öffentlichen Angelegenheiten richtig zu  beurteilen, und die Einzelnen, aus denen sie besteht, sind ungeeignet,  die Rolle von kompetenten Bürgern auszufüllen, die eine Demokratie doch von jedem von ihnen verlangt: Alles in allem stellt das Publikum für die Gouvernanz der Gesellschaft – ein sehr hässlicher Ausdruck aus dem Management – ein zu umgehendes Hindernis, eine zu vermeidende Bedrohung dar. Es ist also angebracht,  in der Praxis der Demokratie eine Revolutionierung (allerdings gut versteckt) zu bewerkstelligen, das heißt die Meinungsmanipulation und die „Fabrikation von Zustimmung“, ein konzeptionelles Artefakt, basierend auf Lügen oder Pseudowahrheiten um kritische Geister benommen zu machen oder sie in den Augen der großen Zahl abzuwerten.

Edward Bernays, ein US-amerikanischer Werbefachmann des vorigen Jahrhunderts, sagte bereits: „Die bewusste, intelligente Manipulation der Meinungen und des organisierten Massengewohnheiten spielt eine bedeutende Rolle in einer demokratischen Gesellschaft. Jene, die diesen unbemerkbaren sozialen Mechanismus handhaben, bilden eine unsichtbare Regierung, die in Wirklichkeit die Führung des Landes ausübt.“  Das ist eine Überlegung, die der den Neoliberalen teure „unsichtbare Hand“ nahe kommt, und ein zynisches Eingeständnis, dass die wirkliche Macht nicht immer dort liegt, wo man sie vermutet. Für die Demokratie handelt es sich dabei um eine Logik der verkehrten Front: Der öffentlichen Debatte und der rationalen abschließenden Entscheidung, dem, was Demokratie voraussetzt, stellt sich somit ein nicht-rationales Überreden und eine vorabentschiedene Überzeugungsabsicht entgegen, sei es auch durch die gemeinste Manipulation, denn es handelt sich darum, so weit wie möglich zu verhindern, dass irgendein gesellschaftliches Bewusstsein aufkommt, das die Zusammenhänge und Ursachen der Dinge aufzudecken und zu bekämpfen vermag. Aufgeklärte Völker schaden nur der Oligarchie, ihren Mitspielern und Marionetten. In diesen unnachgiebigen Widerstand reihen sich eben auch die Kämpfe ein, die im Zeichen des freien Denkens geführt werden. Die Freidenker und ihr Anspruch auf Volksaufklärung sind tatsächlich ein  besonders verhasster Gegner. Insbesondere aber nicht allein, wenn sie die Frage stellen, warum die großen Staaten, die großen Demokratien weiterhin die Religionen und ihre Vertreter schamlos begünstigen. Unsere Antwort, die darin besteht zu zeigen, dass die Religionen, regelrecht instrumentalisiert, sich an dieser allgemeinen Strategie der Bevölkerungskontrolle ganz offensichtlich und seit langem beteiligen, macht alle nervös, die  davon profitieren. Ein Blick auf die Geschichte genügt, um sich davon zu überzeugen.

Nichts Neues unter der Sonne: So lebe denn die vorsätzlich falsche Information („l‘info fallacieuse et orientée“), eine mögliche Übersetzung von Fake News auf Französisch, von kleinen Schlaubergern ausgedacht und mit dem Ziel fabriziert, das Publikum zu verblöden, diese unförmige, gefährliche Masse, deren Gehirne träge gemacht werden müssen.

Bevor die Instrumente der Manipulation zu untersuchen, ist es angebracht, eine allgemeine Bemerkung hinzuzufügen. Das Wesentliche der Voraussetzung, die diesen Manipulationen zugrunde liegt, ist folgendes: Wenn man es einen gelingt, den Mechanismus und die Themenbereiche der kollektiven Mentalität zu erfassen, muss man die Massen kontrollieren und nach Belieben mobilisieren können, ohne dass sie sich dessen bewusst werden; die Fortschritte der Kognitiven Wissenschaften, gestützt auf die neuen Techniken der Information und Kommunikation, machen die Sache heute durchaus möglich bzw. leicht, vor allem, wenn man sich der immensen Möglichkeiten des Internets bedient. So entfesselt man in aller Ruhe die Gehirnwäsche, die Verschwörungstheorie, die Theorie des unüberschreitbaren Horizonts, die Theorie vom Nach-unten-Durchtröpfeln des Reichtums,  und auch jene Theorie, die besagt, dass es kein Gemeinschaftsinteresse sondern nur Privatinteressen gibt, die Fiktion der generellen Unfähigkeit gewöhnlicher Menschen, über ihr Schicksal zu entscheiden, und daraus folgend die Durchsetzung Sparprogrammen und ihrer autoritären Auswüchse im Namen des Gemeinwohls.

Der große nordamerikanische Linguist Noam Chomski hat ab 1988 zehn Punkte benannt, die  heute die Propaganda und Manipulation begründen (Edward S Herman und Noam Chomsky,  Manufacturing Consent: The Political Economy of the Mass Media):

Die Strategie der Zerstreuung, die darin besteht, dank der Medien das Publikum von den wichtigen Dingen abzulenken, eine Wiederkehr der römischen Praktiken von « panem et circenses » („Brot und Spiele »). Es ist eine Strategie der Ablenkung, die das Ziel verfolgt, die Menschen in Unwissenheit zu halten, auch über wesentliche Erkenntnisse auf den wissenschaftlichen Gebieten aller Disziplinen. „Man muss das Publikum beschäftigt, beschäftigt und nochmals beschäftigt halten, ohne Zeit zum Nachdenken“.  Siehe auch die berüchtigte Formulierung der „Verfügbarkeit des Zuschauer-Gehirns für Coca Cola“, so ein zynischer Ausspruch eines ehemaligen Präsidenten des privatisierten Fernsehsenders TF1.

Probleme schaffen, um anschließend Lösungen anzubieten. Die Probleme, die entstehen aufgrund der Politik des „laisser-aller, laisser-passer “, des Gewährenlassens der Wirtschaft, und unverzüglich fordert das Publikum Schutzmaßnahmen, die einen Anschlag auf die Grundrechte darstellen, oder auch eine sorgfältig gesteuerte Wirtschaftskrise, die Sparmaßnahmen verlangt. Siehe den Ausnahmezustand und die Sparpolitik in Frankreich.

Die Strategie der allmählichen Verschlechterung. Davon erzählt die Fabel von dem Frosch, wie das arme Tier in Wasser geworfen wird, das man unmerklich so lange erhitzt, bis er nicht mehr die Kraft hat, sich daraus zu retten. Die Bhandlung ist sicher anfangs schmerzlos, aber am Ende ist er gekocht.

Die Strategie der zeitlichen Verzögerung: Eine schmerzliche und unpopuläre Maßnahme als leider notwendig annehmen lassen, die man allerdings erst später umsetzt, das ist leichter hinzunehmen. Siehe die Reformversprechen, welche die Wahl von Herrn Macron ermöglichten und auf eine unbestimmte Zukunft verschoben wurden. Ein Bauchtanz für Trottel, die zeitweilig abschwächende Formulierungen akzeptieren.

Das Publikum wie Kleinkinder behandeln. Infantilisierung und Demoralisierung treten zusammen auf. „Wenn man eine Person anspricht, als ob sie 12 Jahre alt wäre, dann wird sie aufgrund der Suggestivwirkung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit einer Antwort oder eine Reaktion entgegnen, die ebenso wie die eines Kindes von 12 Jahren eines kritischen Sinns entbehrt.

Mehr an Emotion als an Reflexion appellieren. Ein geradezu klassisches Verfahren, um das Rationelle zu übergehen. Das ist eine Ebene, die es möglich macht, den Zugang zum Unbewussten zu öffnen, mit allen Gefahren, die darin liegen, angefangen von der Festlegung auf eine unveränderliche Wesenhaftigkeit, blind gegen jede Komplexität (Zum Beispiel: Alle Muslime sind Djihadisten.)

Das Publikum in Unwissenheit und Dummheit halten. Es darf nicht sein, dass der gemeine Bürger alle Techniken begreift, die angewandt werden, um ihn unterwürfig zu machen und zu kontrollieren. Spitzenleistungen und „gute“ Informationen sind daher der herrschenden Klasse und ihren Schaltstellen vorzubehalten – die von Bourdieu angeprangerte gesellschaftliche Reproduktion. Das Projekt erspart selbstverständlich nicht die Gehirnwäsche. Man weiß, dass beispielsweise der Geschichtsunterricht niemals neutral sondern durch die herrschende Ideologie mit der Ausarbeitung eines „story telling“ befrachtet ist, die begünstigt, was äußerst schädlich ist, wenn man beispielsweise die Geschichte der gesellschaftlichen Kämpfe oder das Phänomen Religion anspricht.

Das Publikum ermutigen, sich auf einem Niveau der Mittelmäßigkeit zu beschweren. Die großen Medien, voran das Fernsehen, sorgen dafür mit dem ihnen eigenen Talent.

Revolte durch Schuldgefühl ersetzen. Alte List der Kirche von den Herrschenden wieder in Umlauf gebracht.  „Der Feind ist in mir selbst!“. Den Einzelnen glauben machen, dass er für sein Unglück selbst verantwortlich ist wegen seiner Mittelmäßigkeit, Faulheit, seiner RMI oder RSA (französische Sozialleistungen) und überhaupt! „Die Leute, die nichts sind“, wie Präsident Macron sie nennt, wahrhafte Eisenkugeln an den Beinen derjenigen, die vorwärts gehen und offensichtlich die einzigen Hoffnungsträger sind.

Die einzelnen Individuen besser kennen, als sie sich selbst kennen. Nach fünfzig Jahren rasanter Fortschritte auf den Gebieten der Naturwissenschaft, Technologie, Information und Kommunikation haben die Humanwissenschaften und Kognitiven Wissenschaften, die in ihrer Anwendung perfekt beherrscht werden, in die Hände der Führungskräfte eine Kenntnis des Subjekts gelegt, die über das hinaus geht, die das Subjekt über sich selbst besitzt. Die Psychologie fürs breite Publikum, der Kneipen- Psychiater sind nur ein harmloser Aspekt, aber auf die Dauer dennoch gefährlich.

Und nun zu den angewandten Mitteln im Einzelnen.
Die Fake News zuerst, weil sie der Anlass dieses Beitrags sind. Die Fake News oder falschen Nachrichten, Falschmeldungen, Nachahmungen, Fälschungen sind eine Erscheinung von weltweiter Auswirkung. Ihre Fähigkeit, in die Irre zu führen, erzeugt eine Verzerrung der Wahrnehmung der Wahrheit und infolgedessen Fehleinschätzungen in Bezug auf Handlungsweisen und/oder verfolgte Politiken. Diese Fehlinformationen werden über soziale Netzwerke und spezielle Webseiten verbreitet. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie Inhalte schaffen, die Aufmerksamkeit erregen und die Formate bestehender Informationsquellen perfekt nachmachen. Eine Fake News ist nicht nur falsch. Sie ist vorsätzlich irreführend. Bestimmte Politiker, ebenso wie die sie unterstützenden Medien, verschmähen sie nicht für ihre politischen Absichten. Siehe die unzähligen Lügen während Wahlen. Die Fake News sind auch das Symptome der tiefen Krise der Printmedien, die durch das Internet beiseitegeschoben werden, und ihre Entwicklung. Wir kommen darauf zurüc.

Die alternativen Fakten, englisch alternative facts.
Der Begriff wurde im Januar 2017 von Kellyanne Conway, Beraterin von Trump, bei einer Pressekonferenz benutzt, um Sarah Huckabee Sanders, Sprecherin des Weißen Hauses, zu unterstützen. Diese hatte zu der Bedeutung der Teilnehmerzahl bei der Einführung des neuen Präsidenten am Vortage Stellung genommen, bei der, was immer sie dazu zu sagen hatte, nach Aussage der Bilder offenkundig weit weniger Menschen teilgenommen hatten, als sie behauptete. Am Vortage hatte auch Trump behauptet, dass der Regen aufhörte, als er seine Inaugurationsrede begonnen habe und dass danach die Sonne schien – eine Behauptung im Gegensatz zu den Tatsachen. „Ich glaube, dass wir manchmal in Nichtübereinstimmung mit den Tatsachen sein können,“ behauptete bei dieser Gelegenheit ein anderer offizieller Sprecher. Das spricht Bände über die Beziehung zur Wahrheit, die diese Leute haben.

Die Frage des Verhältnisses von Wahr und Falsch im politisch-medialen Raum ist hinreichend beschrieben durch das Kofferwort „truthiness“ [ein künstliches aus zwei überlappenden Wörtern zusammengesetztes Schachtelwort/Anm. d. Ü.] das bedeutet, dass man eine Sache auf der Basis einfacher gefühlsmäßiger Voraussetzungen subjektiv für wahr halten kann – Hier ein Präsident, der sich mit Zähnen und Klauen verteidigt und sich dabei durch ein mehr als zweifelhaftes Verhältnis zur Wahrheit auszeichnet, ohne jemals die Tatsachen zu berücksichtigen, die ihm widersprechen könnten. Zugegebenermaßen ist das sehr verblüffend, um nicht zu sagen albern.

Die Lüge in der Politik ist die Kunst, die Leute zu überzeugen, indem man sie allein selig machende Unwahrheiten glauben macht, zu ihrem Besten, wie bereits gesagt, derweil allerdings für den gemeinen Sterblichen die Lüge doch das Gegenteil der Wahrheit ist und bleibt. Wirklich?

Nach Hannah Arendt muss man unterscheiden zwischen den „Wahrheiten der Vernunft“ und der „Tatsachenwahrheit“. In der Tat, wenn man meint, dass alle Tatsachen konstruiert sind, verliert der Begriff der Wahrheit jeglichen Wert. Woraus folgt: „Das Resultat einer kohärenten und totalen Substitution Tatsachenwahrheit durch Lügen bewirkt nicht, dass die Lügen jetzt als Wahrheiten akzeptiert werden, noch dass die Wahrheit als Lüge diffamiert wird, sondern dass der Sinn, durch den wir uns in der realen Welt orientieren – und die Kategorie der Wahrheit im Verhältnis zur Unwahrheit gehört zu den mentalen Mitteln zu diesem Zweck – zerstört wird.“ Darin liegt die Gefahr, deutlich beschrieben, lange bevor die Vereinigten Staaten das Konzept der Fake News erfunden haben, mit dem wir uns bei dieser Veranstaltung beschäftigen. Für Max Weber, einen anderen großen Denker, ist es die Pflicht der Intellektuellen, sich bei der Untersuchung einer gesellschaftlichen Tatsache keineswegs eines Werturteils zu enthalten, sondern sich ihrer bewusst zu machen und sie im Einzelnen zu bezeichnen, mit anderen Worten sie unter dem Gesichtspunkt zu präzisieren, unter dem sie ihre Analyse vornehmen und welsches ihre Kriterien sind. Das webersche Gebot bereitet Journalisten bestimmt Schwierigkeiten wegen der Bereitschaft, auf Ereignisse zu reagieren, zu der ihr Beruf sie zwingt, abgesehen von der Lage der Dinge, die machen, dass die Presse in den Händen von Geldmächten ist, die nicht in Frage gestellt werden wollen über eine Pseudotoleranz für die im Titel behaupteten Fiktion der Freiheit hinaus. Der am besten bekannte und schädlichste Effekt für die Wahrheit ist offenkundig die stumme Selbstzensur.

Die Leugnung des Holocaust
Die Besessenheit der Holocaust-Verleugnung liegt darin, die Realität, wie sie ist, einfach nicht zu kennen oder gar anzuerkennen. Daher beschäftigt sie sich damit, die Tatsachenwahrheit zu Grunde zu richten, indem sie mühsam ein Sammelsurium von Argumenten konstruiert, und dabei die ihr genehmen Elemente herausfiltert und dann aus dem Zusammenhang gerissen manipuliert, um nicht zu sagen, notfalls gänzlich zu erfinden, um ihre eingebildeten Projektionen und verrückten Hirngespinste glaubwürdig zu machen. ch e V

Die Verschwörungstheorie hat manchmal etwas von diesen auf Unwahrheiten gestützten Prozessen. Dabei mündet sie in eine sterile Debatte, insoweit sie undurchlässig für Widerlegung ist. Das ist eine schlimme Falle, denn die Vorstellungswelt der Verschwörung ist grenzenlos und also nicht widerlegbar, da die für ihre Nichtexistenz vorgebrachten Beweise sich auf der Stelle in ebenso viele „Beweise“ für ihre Realität verwandeln. Die Verschwörungstheoretiker können ihre Zuhörerschaft umso eher überzeugen, als sie die rationelle Denkweise und Methode nachahmen und den Widerspruch dabei gänzlich verkennen. Das Verfahren ist dabei dasjenige der Chimäre: tatsächlich existierende und leicht zu identifizierende Elemente aneinander bauen, um daraus etwas Unwahrscheinliches zu machen. Der Kopf eines Löwen auf dem Körper eines Stieres mit klauenartigen Füssen, eine gespaltene Zunge und einen Schwanz einer Schlange, und schon ist die Chimäre geschaffen. Die Verschwörungstheoretiker jeder Art kennen und beherrschen diese Kunst perfekt.

Der Einfluss der sozialen Netzwerke, ein fundamentales und verrücktes Werkzeug, weil es unkontrollierbar und doch so entgegenkommend ist.
Diese neuen Knotenpunkt der Meinungsübertragung sind an keinen Verhaltenskodex gebunden, ganz im Unterschied zum professionellen Journalismus, sind aber mehr und mehr gefragt. Der internationale Charakter des Internets bringt eine Reihe von neuen Problemen mit sich, die durch die Tatsache hervorgerufen werden, dass sie Einzelnen wie Staaten die Möglichkeit bietet, anderen zu schaden, quasi ohne dafür belangt zu werden n zu schaden, wie die jüngsten Informatikattacken über das Netz zeigen. Unternehmen lahmlegen oder aussaugen, nicht davon zu reden, dass sogar Staaten der Reichweite des Klicks ausgesetzt sind. Die falsche Nachrichtenmeldung spielt in diesem Zusammenhang ebenso eine Rolle, zum Beispiel als 30. November 2016 die Washington Post damit herauskam, dass der russische Staat eine Schlüsselrolle bei dem Ergebnis der amerikanischen Präsidentschaftswahlen gespielt haben soll, indem wissentlich falsche Informationen verbreitet wurden. Bis heute ist diese Affaire noch nicht voll und ganz beleuchtet worden, besser (oder schlechter) noch, die Vorgehensweise wurde bei den französischen Präsidentschaftswahlen, ohne dass man auch da über Wahrheit oder Unwahrheit entscheiden könnte, erneut aufgenommen.  Man ist zwischen zwei Varianten zu einem unbequemen und Verdacht Zustand verurteilt.

Das Internet macht leichtgläubig und dumm. Die Agnotologie (konstruiert aus dem verneinenden a und dem griechischen Gnosis) ist die vorsätzliche Lügenproduktion und umfasst eine zu große und zu heterogene Zahl von Fällen, als dass man die verheerenden Folgen erschöpfend behandeln könnte.

Eine falsche Nachricht zu verbreiten, ist ein Kinderspiel, dazu gehört: Diese zunächst zu kreieren, sodann eine Reihe von medialen Projektionswänden zu kreieren: Scheinfirmen, falsche Webseiten etc., um sich zu schützen, und schließlich „Echokammern“ einzuschalten, die über ein aktives Netzwerk für Verbreitung sorgen und schließlich die großen Medien zu erreichen, welche sie ihrerseits übertragen, selbst indem sie manchmal, aber nicht immer, im Konjunktiv auf intellektuelle Distanz gehen.

Hoax.
Im Internet bezeichnen hoax die zahlreichen über Email-Ketten wie Viren verbreiteten Gerüchte, die alarmistische Falschinformationen, unlautere Spendenaufrufe oder eingestandenermaßen Desinformation verbreiten. Es gibt glücklicherweise Webseite, wo sie vorgebracht werden, um sie zu demaskieren.

Ein großer französischer Wissenschaftler, Étienne Klein, Astrophysiker und Philosoph, erregte sich einst und schrieb: „Die neuen Technologien führen uns wie auf einem Förderband zu einer Welt, die nicht mehr viel mit der, in der wir leben, zu tun hat. Mit was wird diese Welt vergleichbar sein? Wünschen wir sie? Wie eine gewisse Beherrschung des Laufs der Dinge bewahren? Welcher Raum bleibt noch für das politische Spiel, das demokratische Handeln? Ich wundere mich, dass diese Fragen im öffentlichen Diskurs so wenig präsent sind.“ Das ist das Problem, das man nicht besser beschreiben könnte, das ist das zentrale Anliegen  der ADLPF, die sich weigert die Waffen kampflos zu strecken.

Mediale Vergiftung und mediale Entgiftung (Intox et désintox). Der Gegenangriff.
Wenn sich ein Artikel von der französischen Webseite „d’actualite.co“  [auf der die Besucher komisch gemeinte Informationen kreieren können/Anm.d.Ü.] in ihrem Posteingang befindet, ist es besser, diesen mit Humor als mit der Pinzette zu nehmen und eher zu lachen als sich aufzuregen. Dasselbe gilt für die Webseiten « Journal de Mourréal », « Le Gorafi », « Axe du Mad », « Bilboquet Magazine », « The Onion » und einige andere. Wenn diese sich zu einer Nachricht herbeilassen, können wir davon ausgehen, dass es sich um einen Witz handelt nicht immer von bestem Geschmack. Das Problem, und es gibt eines mit diesen kleinen Witzbolden, ist, dass sie eine gewisse Verwirrung bei vielen wenig aufmerksamen Internetnutzern erzeugen, die die schließlich nicht mehr wissen, ob sie auf einer Informationswebseite, einer Parodien-Webseite oder bei einem von einem aktivistischen Splittergrüppchen betriebenen Tarnnamen befinden. Die extreme Rechte versteht sich bestens auf diesen Typ von Zweideutigkeit.

Glücklicherweise reagieren die Großmedien und liefern Gegenmittel dank der Einrichtung von Webseiten, die konsultiert werden können, um zu wissen, womit man es zu tun hat. Nennen wir beispielsweise für Frankreich, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, „Désintox“ von „Libération“ , „Decodex“ von „Leu Monde“ und die Webseite ACRIMED. Wir haben soeben konsequenterweise die Mittel genannt, werfen wir nun einen Blick auf die Relaisstationen. An erster Stelle auf der Angebotspalette die GAFAM [ein Akronym aus den Namen der fünf Giganten der IT-Branche Google/Alphabet, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft/Anm.d.Ü.], denen man, milde ausgedrückt, ihr Laisser-Aller und ihren offenkundigen Mangel an Wachsamkeit vorwerfen kann. Der Vorwand der Rentabilität und des maßlosen Gewinnstrebens können nicht als Entschuldigung dienen, ein Minimum an Berufsethos müsste ihnen zuzumuten sein. Die Prahlereien ihrer milliardenschweren Schöpfer nach dem Motto „Seht her meine Freigebigkeit, seht her meine Großzügigkeit, Seht her meine guten Werke“ können zwar als Alibi dienen aber in keiner Weise ihre Habgier verbergen.

Das Fernsehen, diese Verdummungsmaschine, ist allgegenwärtig, die Informationssender kauen bis zum Überdruss „aus erster Hand“ oder „aus dem Leben gegriffen“ immer wieder nur nach, ohne irgendeinen vernünftigen Abstand von den Dingen, wacker kommentiert von den ewigen „Priestern der Information“, die sich über den anzustimmenden Refrain alle einig sind. Ohne diesen Beitrag übermäßig ausdehnen zu wollen, sei erwähnt, dass es um die großen Printmedien ebenso bestellt ist. Die Presse übt eingestandenermaßen oder nicht eine Art Vormundschaft übe den Leser aus und beruft sich auf seine Unfähigkeit zu begreifen, in welchem Sinne sich die Dinge entwickeln, und deshalb filtert sie die Information und gleicht sie ihrer eigenen Meinung an, ihren eigenen Visionen, um zu verhindern, dass er schließlich anders denkt, und über andere Dinge als die, welche sie mit dem schönen Namen der Wahrheit schmückt.

Selbst wenn das Abstand nehmen der Printmedien, wie wir oben sagten, anzuerkennen ist, begeben sie sich jetzt ins Internet und reproduzieren dort ihre üblichen Verfahren. Am schlimmsten sind die Generalisten, die für sich eine Pseudoneutralität in Anspruch nehmen, die nur eine trügerische Fiktion ist. Von den anderen eine bestimmte Position vertretenden Meinungsmachern weiß man, von welchem Standpunkt aus sie sprechen und an wen sie sich wenden. Das wenigstens ist klar und erlaubt dem Leser eine gewisse Distanz.

Machen wir einen Durchbruch!
Es bleibt dem Präsidenten der ADLPF noch einen Gegenangriff ins Auge zu fassen, entsprechend den uns verfügbaren Mitteln. Zunächst das Bewusstsein, dass unsere Vereinigungen auf dem Gebiet der Volksbildung tätig sind, und dass dieses Feld gepflegt sein muss und nicht vernachlässigt werden darf, selbst wenn es schwierig ist, sich über die Medien hinwegzusetzen und bedingt, dass wir selbst uns die Fähigkeit aneignen, diese famosen Kommunikationsmittel, die wir nur sehr schwer beherrschen, zu gebrauchen, um nicht zu sagen zu finanzieren. Welche Fortschritte sind noch zu machen, und wie dringend müssen wir uns modernisieren! Es ist Zeit anzupacken!

Wir müssen ohne ängstliches Zögern die schändlichen Betrügereien und Manipulationen jedes Mal, wenn wir die Gelegenheit dazu haben, beim Namen nennen und anprangern. Davon kann die Welt nur besser werden. Die Lügen zerpflücken, um sie besser zu denunzieren, mit den Fake News durch den Nachweis ihrer Nichtigkeit aufräumen. Im Übrigen ist das ein wenig unsere Pflicht als Freidenker. Glaubt Ihr nicht?

*Beitrag zum Kolloquium der Weltunion der Freidenker am 2. September 2017 in Köln
„Fake News – Eine Herausforderung der Verteidigung des freien Denken“